BGB § 1603 Abs. 2; ZPO § 323 Abs. 2;
InsO §§ 286 ff., 304 ff.
Den Unterhaltsschuldner trifft grundsätzlich
eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz,
wenn dieses Verfahren zulässig und geeignet ist,
den laufenden Unterhalt seiner minderjährigen
Kinder dadurch sicherzustellen, daß ihm Vorrang
vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird.
Das gilt nur dann nicht, wenn der Unterhaltsschuldner
Umstände vorträgt und ggf. beweist, die
eine solche Obliegenheit im Einzelfall als unzumutbar
darstellen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Abänderung der Unterhaltspflicht
des Beklagten für seinen minderjährigen
Sohn.
Der am 23. Mai 1990 geborene Kläger und sein
am 3. Januar 1987 geborener Bruder sind Kinder des
Beklagten aus seiner geschiedenen Ehe. Nach der Ehescheidung
verkauften die Eltern des Klägers ihr im Miteigentum
stehendes Hausgrundstück. Weil der Kaufpreis
nicht ausreichte, um das zur Finanzierung aufgenommene
Darlehen vollständig zu tilgen, übernahm
jeder geschiedene Ehegatte die Hälfte des restlichen
Darlehens von rund 50.000 DM. Der Beklagte zahlt auf
seinen Anteil monatliche Raten in Höhe von 375
DM und wird das Darlehen voraussichtlich gegen Ende
2006 getilgt haben.
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts
Bad Saulgau vom 8. August 2001 wurde der Beklagte
verurteilt, ab Juli 2001 monatlichen Kindesunterhalt
an den Kläger in Höhe von 244,20 DM und
an dessen Bruder in Höhe von 288,80 DM zu zahlen.
Dabei ging das Amtsgericht von einem bereinigten Einkommen
des allein barunterhaltspflichtigen Beklagten in Höhe
von 2.548 DM aus und setzte davon die Kreditraten
in Höhe von 375 DM sowie einen notwendigen Selbstbehalt
in Höhe von 1.640 DM ab. Wegen der eingeschränkten
Leistungsfähigkeit des Beklagten errechnete das
Amtsgericht auf der Grundlage des Unterhaltsbedarfs
des Klägers und seines älteren Bruders die
ausgeurteilten Unterhaltsansprüche im Wege einer
Mangelfallverteilung. Eine Verpflichtung des Beklagten
zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz lehnte das
Gericht seinerzeit ab.
Nach Vollendung des 12. Lebensjahres begehrt der
Kläger nunmehr eine Erhöhung des Unterhalts
auf den Regelbetrag der dritten Altersstufe der Düsseldorfer
Tabelle. Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung
des früheren Urteils verurteilt, an den Kläger
für die Zeit ab Januar 2003 monatlichen Unterhalt
in Höhe von 222,50 € zu zahlen. Dabei ist
es von einem unterhaltsrelevanten Einkommen in Höhe
von 1.285 € ausgegangen, von dem es einen notwendigen
Selbstbehalt in Höhe von 840 € abgesetzt
hat. Die vom Beklagten gezahlten Kreditraten in Höhe
von 191,73 € (= 375 DM) hat es hingegen nicht
mehr abgesetzt. Das verteilungsfähige Einkommen
in Höhe von 445 € hat es hälftig auf
den Kläger und seinen bis Januar 2005 ebenfalls
noch minderjährigen Bruder aufgeteilt. Das Oberlandesgericht
hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die -vom Oberlandesgericht zugelassene
-Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ
2003, 1216 veröffentlicht ist, hat die Revision
wegen der Rechtsfrage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen
bei verschärfter Unterhaltspflicht eine Obliegenheit
des mit Drittschulden belasteten Unterhaltspflichtigen
besteht, zur Verbesserung
seiner Leistungsfähigkeit ein Insolvenzverfahren
anzustrengen.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, für die
Bemessung des laufenden Unterhalts seien die Darlehensraten
des Beklagten nicht zu berücksichtigen, weil
er verpflichtet sei, ein Insolvenzverfahren einzuleiten.
Denn der Beklagte schulde Kindesunterhalt für
den minderjährigen Kläger und damit alle
zumutbaren Anstrengungen zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit.
Dem Beklagten drohe die Zahlungsunfähigkeit,
weil er selbst die rechtskräftig titulierte Unterhaltspflicht
nicht vollständig erfüllt habe, deswegen
die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und
wegen deren wahrheitswidriger Abgabe sogar strafrechtlich
habe belangt werden müssen. Hindernisse für
eine künftige Restschuldbefreiung seien nicht
ersichtlich. Die zu erwartenden Kosten des Insolvenzverfahrens
stünden dieser Verpflichtung des Beklagten nicht
entgegen, weil sie nach § 4 a InsO bis zur Erteilung
der Restschuldbefreiung gestundet werden könnten
und auch später nur nach Maßgabe seiner
Leistungsfähigkeit
im Rahmen der Prozeßkostenhilfe zurückgefordert
würden. Die "Wohlverhaltensphase" gemäß
§ 287 InsO dauere nur wenig länger als die
Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem
minderjährigen Kläger. Nach Einleitung eines
Insolvenzverfahrens sei der Beklagte zwar für
längere Zeit in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit
gebunden, ihm werde allerdings die Tilgung des Darlehens
im Umfang von rund 6.000 € erspart, was ihn in
die Lage versetze, der laufenden Unterhaltspflicht
gegenüber seinen minderjährigen Kindern
in deutlich erweitertem Umfang nachzukommen. Die Einleitung
eines Insolvenzverfahrens sei dem Beklagten auch unter
dem Gesichtspunkt der Kreditwürdigkeit und des
Sozialprestiges zumutbar, weil er bereits die eidesstattliche
Versicherung abgegeben habe und die Insolvenz daneben
nicht mehr ins Gewicht falle. Zwar verliere ein Unterhaltsgläubiger
mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für
rückständige Unterhaltsforderungen das Pfändungsprivileg
des § 850 d ZPO. Auch dieses stehe der Verpflichtung
zur Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht
entgegen, wenn davon alle Unterhaltsgläubiger
in gleichem Maße betroffen seien und sie die
Durchführung des Insolvenzverfahrens von dem
Unterhaltsschuldner verlangten.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher
Prüfung im Ergebnis stand.
II.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit
der Abänderungsklage ausgegangen, weil der Kläger
sein Abänderungsverlangen auf die allgemeine
Änderung der Bedarfssätze der Düsseldorfer
Tabelle und auch auf das Erreichen deren dritter Altersstufe
mit Vollendung des 12. Lebensjahres stützt.
a) Schon die Erhöhung des Unterhaltsbedarfs durch
Wechsel in eine andere Altersstufe der Düsseldorfer
Tabelle kann eine Abänderung im Sinne des §
323 Abs. 2 ZPO rechtfertigen (vgl. Wendl/Thalmann
Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis
6. Aufl. § 8 Rdn. 159, 160 a; Göppinger/Wax/
Vogel Unterhaltsrecht 8. Auflage Rdn. 2406). Gleiches
gilt für die Neufestsetzung der Unterhaltsbeträge
nach der Düsseldorfer Tabelle, die der zweijährigen
Änderung der Regelbeträge gemäß
§ 1612 a Abs. 4 BGB in Verbindung mit
§§ 1 und 2 der Regelbetrag-Verordnung folgen.
Zwar bilden Unterhaltsrichtlinien als richterliche
Entscheidungshilfen selbst keine tatsächlichen
Umstände, so daß eine Neufestsetzung der
in diesen Tabellen festgelegten Bedarfssätze
für sich allein genommen noch keine Abänderungsklage
nach § 323 ZPO rechtfertigen kann. Die Änderung
der Regelbeträge und damit der Werte der Düsseldorfer
Tabelle trägt allerdings dem Umstand Rechnung,
daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse
sowohl auf seiten des Bedürftigen als auch auf
seiten des
Verpflichteten infolge Änderung der Lebenshaltungskosten
und der Einkommensverhältnisse seit der letzten
Festsetzung dieser Sätze gewandelt haben, und
ist damit zugleich Ausdruck der Veränderung dieser
tatsächlichen Verhältnisse. In dem Vorbringen
einer Partei, die ihr Abänderungsverlangen auf
eine
Änderung der Bedarfssätze der Düsseldorfer
Tabelle stützt, ist daher regelmäßig
auch die Behauptung zu sehen, daß sich die Einkommen
und/oder die Lebenshaltungskosten seit der vorausgegangenen
Fassung dieser Tabelle allgemein in einem Maße
verändert hätten, wie dies der Änderung
der Bedarfssätze entspreche (Senatsurteil vom
23. November 1994 -XII ZR 168/93 -FamRZ 1995, 221,
222).
b) Der Kläger ist im Abänderungsverfahren
auch nicht mit seinem Verlangen nach Einleitung eines
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Beklagten präkludiert. Zwar hat das Amtsgericht
die Darlehensverpflichtung des Beklagten in dem abzuändernden
Urteil noch berücksichtigt und ihn nicht auf
die Durchführung eines Insolvenzverfahrens verwiesen.
Insoweit stützt sich die Entscheidung aber nicht
auf früher vorhandene Tatsachen, deren Berücksichtigung
§ 323 Abs. 2 ZPO entgegen stünde, sondern
auf eine geänderte Rechtsauffassung, die nach
der Rechtsprechung des Senats auch im Abänderungsverfahren
zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteil vom
5. Februar 2003 -XII ZR 29/00 -FamRZ 2003, 848, 851
f.).
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält auch
im übrigen den Angriffen der Revision stand.
1. Der Beklagte ist wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht
gegenüber dem minderjährigen Kläger
(§ 1603 Abs. 2 BGB) gehalten, alle zumutbaren
Möglichkeiten auszunutzen, um dessen Unterhaltsbedarf
sicherzustellen.
Dazu zählt grundsätzlich auch die Einleitung
eines Insolvenzverfahrens, um den laufenden unterhaltsverpflichtungen
Vorrang vor den Darlehensverbindlichkeiten zu verschaffen.
a) Zwar schränkt schon eine gerichtlich angeordnete
Unterhaltsleistung den Unterhaltspflichtigen in seiner
durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit
ein. Dieses ist im Rahmen der verfassungsgemäßen
Ordnung, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört,
nur insoweit zulässig, als es mit Art. 6
Abs. 1 GG im Einklang steht. Der ausgeurteilte Unterhalt
darf deswegen nicht zu einer unverhältnismäßigen
Belastung des Unterhaltspflichtigen führen. Wird
bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs hingegen
die Grenze des Zumutbaren überschritten, ist
die damit verbundene Beschränkung der finanziellen
Dispositionsfreiheit des Verpflichteten nicht mehr
Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung
und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht
bestehen (BVerfGE 57, 361, 381; BVerfG FamRZ 2001,
1685). Eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
im Unterhaltsrecht ist die Vorschrift des § 1603
Abs. 1 BGB, nach der nicht unterhaltspflichtig ist,
wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen
außerstande ist, ohne Gefährdung seines
eigenen angemessenen Unterhalts anderen Personen Unterhalt
zu gewähren. Dieser Grundsatz ist allerdings
insoweit eingeschränkt, als Eltern gemäß
§ 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen unverheirateten
(und denen gleichgestellten) Kindern gegenüber
verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu
ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig
zu verwenden. Grundvoraussetzung auch dieses Unterhaltsanspruchs
bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des
Unterhaltsverpflichteten. Die Gerichte haben deswegen
im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige
in der Lage ist, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen
oder ob dieser -unbeschadet der Zulässigkeit
der Zurechnung fiktiven Einkommens -die finanzielle
Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
übersteigt (BVerfG FamRZ 2001, 1685).
Auf dieser Grundlage hat der Senat bei gesteigerter
Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen
Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB in ständiger
Rechtsprechung stärkere Anstrengungen des Unterhaltsschuldners
für zumutbar gehalten (Senatsurteile vom 18.
Oktober 2000 -XII ZR 191/98 -FamRZ 2001, 1065 zu Überstunden
und Nebenerwerb, vom 17. März 1999 -XII ZR 139/97
-FamRZ 1999, 843, 844 zur Umschulung zu einem besser
dotierten Beruf, vom 15. Dezember 1993 -XII ZR 172/92
-FamRZ 1994, 372, 374 zur Arbeitsplatzsuche und zum
Rechtsbehelf gegen eine offensichtlich unbegründete
Kündigung und vom 9. Juli 1980 -IVb ZR 529/80
-FamRZ 1980, 1113, 1114 zur Zumutbarkeit eines Orts-und
Berufswechsels).
b) Allerdings hat es der Senat bislang stets abgelehnt,
den Ansprüchen Unterhaltsberechtigter einen allgemeinen
Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen
einzuräumen (Senatsurteil vom 9. Mai 1984 -IVb
ZR 74/82 -FamRZ 1984, 657, 658 f.). Auch aus verfassungsrechtlichen
Gründen wäre es dem Unterhaltsschuldner
nicht zumutbar, durch seine Unterhaltszahlungen immer
tiefer in Schulden zu geraten (BVerfG FamRZ 2001,
1685, 1686; 2002, 1397, 1399; vgl. auch BGH Senatsurteil
vom 7. Dezember 1988 -IVb ZR 15/88 -FamRZ 1989, 272
f.). Nachdem der Gesetzgeber mit den §§
304 ff. InsO die Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz
mit Restschuldbefreiung geschaffen hat, kann an dieser
Rechtsprechung nicht mehr uneingeschränkt festgehalten
werden. Denn nun ist es dem Unterhaltsschuldner möglich,
den ohne Berücksichtigung von Drittschulden bemessenen
laufenden Unterhalt zu zahlen und nach Ablauf von
sechs Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Befreiung von seinen Schulden zu erlangen (§§
286 ff. InsO). Aus den Vorschriften über die
Insolvenzmasse (§§ 35 ff., 40 InsO) und
dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 und
2 InsO folgt nämlich, daß dem Schuldner
während der Dauer des Insolvenzverfahrens der
nach § 850 c ZPO
pfändungsfreie Teil seines Einkommens verbleibt
(vgl. Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rdn. 122 a ff.;
Luthin/Margraf Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl.
Rdn. 1327 ff.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl.
Rdn. 113 b ff., 113 d; Weisbrodt FamRZ 2003, 1240,
1241; Melchers FamRZ 2001, 1509; OLG Celle FamRZ 2003,
1116; kritisch Wohlgemuth FF 2004, 9, 12). Unterhaltsrückstände
können ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens
hingegen nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung
beigetrieben werden und erlöschen im Falle einer
späteren Restschuldbefreiung (§ 287 InsO;
vgl. auch OLG Naumburg ZInsO 2003, 1002 und OLG Koblenz
FamRZ 2002, 31). Auf dieser gesetzlichen Grundlage
ist es dem Unterhaltsschuldner jetzt zumutbar, den
Unterhaltsansprüchen seiner minderjährigen
Kinder Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten einzuräumen.
Ob es ihm in Anbetracht der gesteigerten Unterhaltspflicht
nach § 1603 Abs. 2 BGB obliegt, Verbraucherinsolvenz
zu beantragen, kann sich nur aus einer umfassenden
Würdigung aller vom Unterhaltsschuldner darzulegenden
Umstände, zu denen auch die eigenen und die Interessen
der Unterhaltsgläubiger zählen, ergeben.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht zunächst
die Voraussetzungen für eine Verbraucherinsolvenz
mit Restschuldbefreiungsmöglichkeit bejaht. Nach
§§ 16 ff. InsO setzt die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens einen Eröffnungsgrund
voraus, der in einer Zahlungsunfähigkeit, einer
drohenden Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung
liegen kann. Im Falle einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit
muß der allein antragsberechtigte Schuldner
(§ 18 Abs. 1
InsO) eine längerfristige Liquiditätslücke
belegen und dazu einerseits seine Verbindlichkeiten
und andererseits sein Vermögen und seine Einkünfte
in den nächsten ein bis zwei Jahren darlegen
(vgl. Kirchhof in HK 3. Aufl. § 18 InsO
Rdn. 8 f.). Hier ist nach den von der Revision nicht
angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des
Berufungsgerichts hingegen nicht nur eine drohende,
sondern bereits eine endgültige Zahlungsunfähigkeit
im Sinne des § 17 InsO eingetreten. Der Beklagte
schuldet dem Kläger und dessen Bruder nach dem
rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht
-Bad Saulgau vom 8. August
2001 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von
272,52 € (= 533 DM). Davon konnten in der Vergangenheit
lediglich 116 € monatlich gepfändet werden
(§§ 850 a ff., 850 d ZPO). Wegen der noch
ausstehenden Unterhaltsschulden
hat der Beklagte inzwischen die eidesstattliche Versicherung
abgegeben (§§ 899 ff. ZPO). Er ist somit
nicht in der Lage, seine fälligen Unterhaltspflichten
zu erfüllen, was für eine Zahlungsunfähigkeit
im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1
InsO ausreicht (vgl. Melchers/Hauß Unterhalt
und Verbraucherinsolvenz Rdn. 130; a.A. noch OLG Stuttgart
FamRZ 2002, 982, das seine gegenteilige Rechtsprechung
in dem Berufungsurteil aber ausdrücklich aufgegeben
hat).
Nach dem Vortrag der Parteien sind gegenwärtig
auch keine durchgreifenden Gründe gegen eine
spätere Restschuldbefreiung nach Maßgabe
der §§ 286 ff. InsO ersichtlich. Über
eine Versagung der Restschuldbefreiung wird
letztlich erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode
von sechs Jahren entschieden (vgl. Pape ZInsO 2004,
647, 649 f.). Für die Stundung der Verfahrenskosten
verlangt § 4 a InsO deswegen zunächst nur
eine summarische Prüfung, ob Versagungsgründe
der beantragten Restschuldbefreiung entgegenstehen
(BGH Beschluß vom 16. Dezember 2004 -IX ZB 72/03
-zur Veröffentlichung vorgesehen). Nichts anderes
kann für die Obliegenheit zur Durchführung
der Verbraucherinsolvenz gelten. Solche durchgreifenden
Gründe, die gegen eine Restschuldbefreiung sprechen
könnten, ergeben sich aus den Feststellungen
des angefochtenen Urteils nicht.
3. Erscheint danach ein Verbraucherinsolvenzverfahren
zulässig und geeignet, den Unterhaltsansprüchen
minderjähriger oder ihnen gleichgestellter Kinder
nach § 1603 Abs. 2 BGB Vorrang vor sonstigen
Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners einzuräumen,
trifft den Unterhaltsschuldner eine Obliegenheit zur
Einleitung dieses Verfahrens, wenn er nicht Umstände
vorträgt, die eine Antragspflicht im konkreten
Einzelfall als unzumutbar darstellen (so auch OLG
Hamm FamRZ 2001, 441; OLG Dresden FamRZ 2003, 1028;
OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 656; a.A. OLG Naumburg FamRZ
2003, 1215; OLG Düsseldorf OLGR 2003, 30). Solche
besonderen Umstände sind hier weder vorgetragen
noch ersichtlich.
a) Durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens wird
der Beklagte als Unterhaltsschuldner zwar mit weiteren
Kosten belastet. Nachdem der Bundesgerichtshof die
Beschränkung auf die regelmäßige Mindestvergütung
in masselosen Insolvenzverfahren für verfassungswidrig
erklärt hat (vgl. Beschlüsse vom 15. Januar
2004 -IX ZB 96/03 -NJW 2004, 941 = BGHZ 157, 282 und
-IX ZB 46/03 -NJW-RR 2004, 551), ist insoweit mit
Kosten zu rechnen, die sich auf
ca. 3.000 € belaufen können (zur Vergütung
des Insolvenzverwalters vgl. auch BGH Beschlüsse
vom 9. Juli 2004 -IX ZB 589/02 -WM 2004, 1783, vom
23. Juli 2004 -IX ZB 257/03 -WM 2004, 1842 und vom
16. Dezember 2004
-IX ZB 301/03 -WM 2005, 243 f.). Wegen dieser zusätzlichen
Kosten kann dem Schuldner trotz seiner Zahlungsunfähigkeit
oder Überschuldung auch keine Prozeßkostenhilfe
bewilligt werden, weil § 4 a InsO eine Stundung
der Kosten des Insolvenzverfahrens vorsieht. Allerdings
ist der Schuldner nach Abschluß des Insolvenzverfahrens
und Erteilung der Restschuldbefreiung nur im Rahmen
des § 115 Abs. 1 und 2 ZPO zur Rückzahlung
dieser Kosten verpflichtet (§ 4 b InsO). Die
durch das Verbraucherinsolvenzverfahren entstehenden
Kosten belasten den Unterhaltsschuldner deswegen nicht
unangemessen und sind für sich allein genommen
noch nicht geeignet, das Verfahren für den Unterhaltsschuldner
als unzumutbar darzustellen.
b) Durch die Bestellung eines Treuhänders im
Insolvenzverfahren gemäß §§ 313
Abs. 1, 292 InsO wird der Unterhaltsschuldner in seiner
wirtschaftlichen Selbständigkeit nicht unerheblich
eingeschränkt (vgl. Melchers/Hauß aaO
Rdn. 131 ff.). Wie gegenüber einem Insolvenzverwalter
bestehen nach §§ 97 f. InsO auch gegenüber
dem Treuhänder weitgehende Auskunfts-und Mitwirkungspflichten
(vgl. auch § 305 Abs. 1 und 2 InsO). Durch die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht insbesondere
das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende
Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen,
auf den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder
über (§§ 21 Abs. 2, 80 bis 82, 313
Abs. 1 InsO). Die begehrte Restschuldbefreiung setzt
nach § 287 Abs. 2 InsO voraus, daß der
Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge
aus einem Dienstverhältnis für die Dauer
des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder
abtritt. Diese besonderen Bindungen des Schuldners
schränken ihn während der sechsjährigen
Wohlverhaltensperiode gemäß §§
287 Abs. 2, 292 Abs. 1 InsO (vgl. Art. 107 EGInsO)
und zusätzlich während des ca. sechsmonatigen
vorbereitenden Verfahrens durch die Beratungsstelle
(§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
ein. Gleichwohl überwiegen die Belastungen, die
ein Insolvenzverfahren zwangsläufig für
den Unterhaltsschuldner mit sich bringt, die Interessen
seiner minderjährigen Kinder auf möglichst
ungeschmälerte Unterhaltszahlungen regelmäßig
nicht.
c) Betrachtet man im vorliegenden Fall die Dauer
des Insolvenzverfahrens im Vergleich zu derjenigen
der voraussichtlichen Unterhaltspflicht des Beklagten
gegenüber dem noch bis Mai 2008 minderjährigen
Kläger, ergibt sich
keine für ihn unzumutbar lange Bindung. Hätte
der Beklagte, wie ihm von den Vorinstanzen angesonnen
wurde, am 1. Januar 2003 ein Verbraucherinsolvenzverfahren
zur Eröffnung gebracht, wäre dieses Ende
2008 und somit nur wenige Monate nach Erreichen der
Volljährigkeit des Klägers beendet gewesen.
Die gesteigerte Unterhaltspflicht des Beklagten dauert
nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sogar über
die Volljährigkeit bis zur Vollendung des 21.
Lebensjahres des unterhaltsbedürftigen Kindes
fort, wenn es noch im Haushalt eines Elternteils lebt
und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet.
Auch im Vergleich zu der Laufzeit des vom Beklagten
geschuldeten Darlehens ergibt sich hier keine unzumutbar
lange Bindungsfrist für den Beklagten.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen
des Berufungsgerichts müßte der Beklagte
die geschuldeten Darlehensraten mindestens noch bis
Ende 2006 zahlen, was seine Leistungsfähigkeit
einschränken würde, bis der Kläger
fast 17 Jahre alt und der gesteigerten Unterhaltsberechtigung
alsbald entwachsen ist. Der Kläger hat ein berechtigtes
Interesse, seinen Unterhaltsansprüchen Vorrang
vor sonstigen Schulden zu verschaffen.
d) Mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens sind
zwar auch erhebliche Einschnitte in die Rechte anderer
Gläubiger verbunden. Insbesondere können
einzelne Insolvenzgläubiger, auch die Träger
öffentlicher Leistungen wegen der
auf sie übergegangenen Ansprüche, während
der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse
noch in das sonstige Vermögen des Schuldners
vollstrecken (§ 89 Abs. 1 InsO). Vorbehaltlich
vorrangiger Rechte auf Absonderung (§§ 165
ff. InsO) sind sie auf eine quotenmäßige
Befriedigung durch die Insolvenzmasse verwiesen (§§
187 ff. InsO) und verlieren ihre Forderung im Fall
der Restschuldbefreiung endgültig (§§
286 ff. InsO). Das aber ist Folge der
vom Gesetzgeber geschaffenen Verbraucherinsolvenz,
die deswegen grundsätzlich nicht zu einer Unzumutbarkeit
des Verfahrens für den Schuldner führen
kann. Dem Beklagten wäre es auch ohne unterhaltsrechtliche
Obliegenheit möglich, sich durch einen eigenen
Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens der
bereits aufgelaufenen Unterhaltsrückstände
zu entledigen.
Allerdings zählen zu diesen Insolvenzforderungen
auch die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
schon fälligen Unterhaltsrückstände,
weil auch diese ab Eröffnung der Verbraucherinsolvenz
nicht mehr im Wege der Einzelzwangsvollstreckung durchgesetzt
werden können (vgl. Melchers/Hauß aaO Rdn.
142
ff.). Neben dem Kläger erhalten im Falle der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens also auch sein
inzwischen volljähriger Bruder und seine Mutter
wegen des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO
Unterhaltsrückstände allenfalls durch eine
Verteilung im Insolvenzverfahren und auch nur insoweit,
als der Unterhaltsschuldner Einkünfte erzielt,
die die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c
Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit den Erhöhungsbeträgen
nach Satz 2 übersteigen. Solche Einkünfte,
die die Pfändungsgrenze nach § 850 c Abs.
1 ZPO von gegenwärtig 1.475 € bei einer
laufenden Unterhaltspflicht gegenüber zwei Kindern
(930 € + 350 € + 195 €) übersteigen,
erzielt der Beklagte aber nicht. Allerdings begehrt
der Kläger selbst, vertreten durch seine Mutter,
die Einleitung des
Insolvenzverfahrens, um somit wenigstens seinen laufenden
Unterhalt zu sichern. Umstände, die aus Sicht
des ebenfalls unterhaltsberechtigten Bruders zur Unzumutbarkeit
der Einleitung eines Insolvenzverfahrens führen
könnten,
sind vom Berufungsgericht -von der Revision unangefochten
-nicht festgestellt.
e) Die stets gebotene Abwägung der unmittelbaren
Vorteile einer Einleitung des Insolvenzverfahrens
mit dessen Nachteilen (vgl. insoweit Weisbrodt FamRZ
2003, 1240, 1244) führt hier zu einer Obliegenheit
des Beklagten zur Durchführung der Verbraucherinsolvenz.
Denn gegenwärtig sind von dem erzielten Arbeitseinkommen
des Beklagten nur sehr geringe monatliche Beträge
pfändbar, die noch nicht einmal den ursprünglich
titulierten Unterhalt des Klägers decken.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, nach der der einem Unterhaltsschuldner
im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemäß
§ 850 d Abs. 1 Satz 2 ZPO nur verbleibende notwendige
eigene Unterhalt dem notwendigen Lebensbedarf im Sinne
der Abschnitte 2 und 4 des Bundessozialhilfegesetzes
(jetzt SGB XII Kapitel 3 und 11) entspricht (BGH Beschluß
vom 18. Juli 2003 -IX ZB 151/03 -FamRZ 2003, 1466
= BGHZ 156, 30; Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl.
§ 850d Rdn. 7), ergibt sich mit Einleitung des
Insolvenzverfahrens neben der erhöhten Unterhaltspflicht
auch eine ungeschmälerte Vollstreckbarkeit. Denn
Unterhaltsgläubiger können fortan wegen
des Verbots
der Einzelzwangsvollstreckung für andere Gläubiger
hinsichtlich ihrer laufenden Unterhaltsansprüche
auf den Differenzbetrag zwischen den Pfändungsfreigrenzen
des § 850c ZPO und dem dem Schuldner zu belassenden
Unterhalt i.S.
von § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO zugreifen (OLG Celle
FamRZ 2003, 1116). Während der Kläger gegenwärtig
monatlich nur 58 € (116 € : 2) beitreiben
kann, was
für die Zeit von Januar 2003 bis Mai 2008 insgesamt
3.770 € ausmacht, wäre ab Einleitung des
Insolvenzverfahrens jedenfalls der vom Berufungsgericht
für die Zeit ab Januar 2003 zugesprochene monatliche
Unterhalt in Höhe von
222,50 € beitreibbar. Die Differenz beläuft
sich mithin auf 164,50 € (222,50 € 58 €)
monatlich, was selbst bei einer Unterhaltspflicht
von nur noch ca. drei Jahren zu einem Mehrbetrag in
Höhe von 5.922 € (164,50 € x 36) führt.
Insgesamt überwiegen deswegen die Vorteile für
den nach § 1603 Abs. 2 BGB unterhaltsberechtigten
Kläger die mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens
notwendigerweise verbundenen Belastungen des Beklagten
so erheblich, daß diesem wegen der gesteigerten
Unterhaltspflicht die Durchführung des Insolvenzverfahrens
im Interesse seines minderjährigen Kindes zumutbar
ist.